Friedrich Schiller – Leben und Werk

Der Herr der Affekte

Schiller – der pathetische Idealist, der Schönheits- und Edelmutsapostel, der weltferne Träumer im verstaubten Gewand, der schrille Moraltrompeter mit dickflüssigen Sentenzen; einer der zum Lachen in den Keller geht; ein Monolith mit historischem Edelrost überzogen; dazu seine Figuren, die sich in stilisierten Sentenzen Reden halten statt miteinander zu reden; seine Höhenflughelden, übermütige Enthusiasten im Taumel der eigenen Größe … Schiller scheidet die Geister und bietet Kritikern durchaus Angriffspunkte.

Hörbuch Friedrich Schiller – Leben und Werk von Christian Liederer
Friedrich Schiller – Leben und Werk von Christian Liederer

Skeptiker mit Hoffnung

Insbesondere wurde Schiller lange ins Reich der Idealisten eingekerkert – eine oberflächliche Betrachtung. Bereits Thomas Mann wies auf Schillers „realistische Unverschwärmtheit” hin und bemerkte: „Nie hat gerade er sich in wolkigem Optimismus gewiegt.”
Schiller steht mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen. Sein Idealismus ist nicht naiver Natur. Er war auf einer harten Militärakademie, war als Mediziner mit dem Körper und seinen Gebrechlichkeiten vertraut. Auch kannte er das höfische Treiben und Intrigenspiel, überblickte die Geschichte, wusste um den grausamen Terror der französischen Revolution. Schiller war bewusst, wozu der Mensch fähig ist. In seinen Dramen hat er Figuren geschaffen, die hiervon Zeugnis geben. Und mit Ausnahme des „Tell” enden alle Stücke Schillers fatal. Aber er war immer ein Skeptiker mit Hoffnung.
Neben Goethe ist Schiller heute der große Klassiker der deutschen Literatur – sowohl im Sinne der Kanonisierung als auch der Epochenzuordnung. Das Hörbuch stellt den Menschen und den Dichter vor, den Stürmer und Dränger ebenso wie den Klassiker, präsentiert sein Leben, seine Hassliebe zu Goethe sowie seine literarischen uns ästhetischen Schriften.

Ein Leben im Zeichen der Krankheit

Schillers Leben stand unter dem Zeichen der Krankheit. Als man seine Leiche obduziert, stehen die Ärzte vor einem Rätsel: Die Nieren fast „aufgelöst” und „völlig verwachsen”, Milz und Galle unnatürlich vergrößert, die Leber „mit allen naheliegenden Teilen bis zum Rückgrat verwachsen”. Die Lunge „faul und brandig, breiartig, ganz desorganisiert”, rechts mit „Brustfell” und „Herzbeutel” verwachsen. Der linke Lungenflügel „marmoriert mit Eiterpunkten”. Das Herz ein „leerer Beutel”, „ohne Muskelsubstanz”, ein „häutiger Sack”, den man „in kleine Stücke zerflocken” konnte. Kaum ein Organ war mehr funktionsfähig. Der Arzt Wilhelm Huschke notiert am Schluss des Obduktionsberichts: „Bei diesen Zuständen muss man sich wundern, wie der arme Mann so lange hat leben können.”
Zweifellos mussten es Qualen gewesen sein, die Schiller bis zu seinem Todestag litt. Schiller starb am 9. Mai 1805, mit nur 45 Jahren – und doch ist es erstaunlich, dass es so viele Jahre wurden. Jahre im Zeichen der Krankheit, im Zeichen des zähen Kampfes. Jahre des Schöpfungseifers, ahnend, dass seine Zeit auf Erden begrenzt ist. Dem starken physischen Siechtum hat ein ebenso starker Geist die Waage gehalten, der die ihm verbleibende Zeit unaufhörlich nutzen wollte.

Ein Leben für das Werk

Was Schiller am Leben erhielt und erfüllte, war sein Werk. Dem Tod und der Vergänglichkeit entrückt steht es da. Als Vermächtnis des Geistes, der an den Ketten des Leibes und seiner Endlichkeit zerrte. Geist und Leib, Seele und Körper, Psyche und Physis, die göttliche Natur des Menschen und seine kreatürliche – das sind die Koordinaten, die Schillers Leben bestimmen, die Fixpunkte seiner Gedankenwelt, aber auch der persönlichen Erfahrung.

Spielzeit: ca. 140 Minuten.

Publiziert bei auditorium maximum, Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

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Hörprobe und erhältlich bei:

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