„Mein Leben als Meta-Collage“

Porträt YongSa Sommer

Manche Lebenswege sind geradlinig. Manche verlaufen über Umwege. Manche sind vielfältig verzweigt. Und manche gleichen am ehesten einer Collage. Die Künstlerin YongSa Sommer aus Schwäbisch Gmünd, die international ausgestellt hat, zieht diesen Vergleich und beschreibt damit metaphorisch ihre formenreiche Kunst und ihr Leben.

Es ist ein geradezu heißer Herbsttag, als sich der Schreiber dieser Zeilen auf den Weg nach Schwäbisch Gmünd macht, um YongSa Sommer zu besuchen. Im Leben eines Journalisten gibt es viele Termine, viele Menschen, viele Begegnungen, viel Vergessen und doch auch jene besonderen Treffen im Raumzeitgefüge, die im Sediment der Erinnerungen ihren festen Platz behaupten werden. Die Nachmittagsstunde bei YongSa Sommer gehört zu dieser Art. Geboren in Korea, lebt die Künstlerin nach einem langen Aufenthalt in Frankreich seit vielen Jahren wieder in der kleinen Stadt an der Rems.

„Ich bin chaotisch“

Die 73- jährige Künstlerin sammelt mich, der ich vergeblich nach ihrer Hausnummer suche, auf der Parlatstraße ein. Auffällig, doch nicht aufdringlich gekleidet, empfängt sie mich freundlich und führt mich in ihr Atelier, viele Stufen geht es im Haus hinab. Wie in einer unterirdischen Katakombe öffnet sich hier eine Welt für sich. Eine Enklave der Kunst, abgeschieden von der eigentlichen Welt, doch hell und freundlich. Kreatives Chaos, ist der erste Gedanke, während mein Blick das Interieur sondiert. Großformatige Bilder hängen an der Wand, aus der Hand der Herrin dieser Räume, auf den Tischen türmen sich Bücher. Bücher über Kunst, Wissenschaft, Religion, Philosophie. Der Name C.G. Jung springt mir ins Auge und trifft aufgrund tiefergehender Vertrautheit auf Resonanz in mir. „Ich bin chaotisch“, sagt die Künstlerin und lacht, als hätte sie meinen ersten Gedanken erraten. „Aus dem Chaos schöpfe ich die Form, wobei ich in der Regel mit gewissermaßen fertigem Material arbeite.“ Sie meint damit das Prinzip der Kombinatorik, des Arrangements, der Collage, das ihre Arbeit bestimmt. Einige Bilder bestehen aus arrangierten Schwarz/Weiß-Fotos, zum Teil von bekannten, historisch bedeutenden Persönlichkeiten oder wichtigen Menschen aus ihrem privaten Umfeld, die zu neuen kunstvollen Gebilden werden, vermischt mit Farben und durchdrungen von plastischen gestalterischen Elementen.


©Christian Liederer. Erschienen im Magazin Go for More. Dieser Beitrag darf gerne geteilt, Texte zitiert werden. Das Urheberrecht und geistige Eigentum sind durch den Verweis auf die Quelle zu beachten.