Grenz•SPRENG•end

Normalerweise sind Künstler die Ausnahme in der Familie, wenn nicht sogar die sorgenvoll beäugten schwarzen Schafe. Anders bei dem in Ellwangen aufgewachsenen Tim Spreng: der Vater Gerd Spreng ist Fotograf, der Onkel Georg Goldschmied, die Brüder ebenfalls in kreativen Berufen. Als Filmemacher vervollständigt er mit seiner Profession ein generationenübergreifendes Bild.

Der Begriff Filmemacher klingt nicht nur etwas unspektakulär, er greift eigentlich auch zu kurz. „Natürlich hat alles, was ich tue, am Ende mit bewegten Bildern zu tun. Doch mein Spektrum ist dabei sehr groß. Ich arbeite als Kameramann, Regisseur, Produzent und Drehbuchautor. Am liebsten bin ich aber an der Kamera, wobei die Aufgabe viel komplexer ist, als nur etwas zu filmen. Wie bei der professionellen Fotografie muss man die Lichtverhältnisse exakt einrichten, Bildausschnitte und Perspektiven wählen, die Dauer der Einstellung – all diese Sachen muss man beherrschen, um bestimmte Wirkungen zu erzielen. Die englische Bezeichnung Director of Photography bildet das besser ab als Kameramann“, erzählt der 36-jährige am Telefon, der mit seiner Familie gerade Urlaub in Tschechien macht. Der Ort war und ist eine der Wegmarken in seiner Biografie: „Nach einem dreijährigen Medien- und Kommunikationsstudium an der Universität Leipzig habe ich an der Prager Filmschule Film studiert. Dort war ich unter den Fittichen erfahrener Filmemeister der tschechischen Schule. Während des Studiums habe ich auch meine spätere Frau kennengelernt. Wir verbringen in der Tschechei gern freie Tage.“ Die Familie seiner Frau lebt hier. In Prag befindet sich aber auch einer der Sitze seiner Produktionsfirma Pantheon Pictures, die er nach dem Studium mit Kommilitonen gründete und seitdem als Geschäftsführer leitet.

Das Dokumentarische als Stilmittel

So facettenreich wie die unterschiedlichen Aufgaben, die es rund um die Filmproduktion gibt, so grenzsprengend ist auch das Feld der Genres, denen sich Tim Spreng widmet: Spielfilme, Dokumentationen, Werbeclips, Musikvideos und mehr. Auch hier stellt sich die Frage, wofür sein Herz am meisten schlägt. Er muss nicht lange überlegen: „Ich liebe Dokumentarfilme. Das Dokumentarische als Stilmittel – das zum Beispiel auch in Spielfilmproduktionen eingesetzt werden kann. In ‘Mord im Heiligenwald’ etwa habe ich mit langen Bildsequenzen und Laiendarstellern gearbeitet, also ähnlich wie in einer Doku. Der Film spielt in den Fünfziger Jahren in einem schwäbischen Dorf. Der Drehort war vor allem Tannhausen. Bei unseren Recherchen haben wir uns auf die Suche gemacht, wo wir im Ländle noch Orte finden können, die sich seit den Fünfzigern nicht verändert haben. Dabei entdeckten wir Dörfer, Häuser, Zimmer, Scheunen und Ställe sowie Werkstätten, an denen die Jahrzehnte nahezu spurlos vorübergegangen sind. Die Hauptrollen übernahmen Amateurschauspieler der Theaterbühne „kunsTraum“, die Bewohner waren allesamt Laiendarsteller – das machte den Film so wunderbar authentisch“, erinnert sich Tim Spreng an die Produktion, bei der Birgit Kohl Regie führte. Insbesondere bei größeren Projekten wie dem Ostalb-Krimi stellt sich die Frage der Finanzierung. „Der Spielfilm wurde allein durch Spenden finanziert“ erklärt der Mitdreißiger. „Die Dorfbewohner stellten zusätzlich Kostüme und Requisiten aus der Nachkriegszeit bereit und spielten unentgeltlich.“

Tim Spreng

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©Christian Liederer. Erschienen im Magazin Go for More. Dieser Beitrag darf gerne geteilt, Texte zitiert werden. Das Urheberrecht und geistige Eigentum sind durch den Verweis auf die Quelle zu beachten.